Akustisches Singvogel-Monitoring im eigenen Garten, rund um die Uhr
Was macht der Naturfreund, wenn er wissen will was für ein Federvieh da grad piept? Er nutzt eine Smartphone-App zur Erkennung des Gesangs, und diese App nutzt sehr wahrscheinlich die KI des Cornell Lab of Ornithology. Kurz gesagt erzeugt die App einen Soundschnipsel der übers Internet zur KI transportiert wird, der wird dort analysiert und das Ergebnis der Analyse wird dann mitsamt Bild und weiteren Infos zum Smartphone zurückgegeben. Diese Handy-Apps können aber in dem aufgenommenen Soundbrei die eigentliche Vogelstimme nicht identifizieren, das muß der Nutzer selbst machen indem er die vermeintliche Stimme markiert. Und man muß sein Handy auch just in dem Moment griffbereit haben wenn der Vogel sich grad hören lässt.
Hier setzt “BirdNet-Pi” an, eine Software die auf einem Raspberry Pi (Raspi), einem scheckkartengroßen Minirechner läuft. Diese komplexe Software untersucht permanent die akustische Umgebung und analysiert in Echtzeit alles, was sie für Vogelstimmen hält. Dabei benutzt sie die gleichen Mechanismen wie die oben beschriebenen Handy-Apps, erledigt das alles aber vollautomatisch, ohne manuellen Eingriff und rund um die Uhr. Die in einer Datenbank verwalteten Ergebnisse kann man sich dann auf dem Webserver des Raspi ansehen, aufgehübscht mit der Anzahl und Häufigkeit der erkannten Vögel, der Uhrzeit wann die Vögel zu hören waren und noch viel mehr Statistiken und Informationen. Auch den Soundschnipsel, der analysiert wurde kann man sich noch einmal anhören.
Seit dem das Ding bei uns im Garten läuft wundere ich mich nun, welche Vogelarten hier bei uns unterwegs sind, z.B. Mönchsgrasmücke und Gartenbaumläufer habe ich bisher weder akustisch noch optisch wahrgenommen. Und den einzigen Ruf eines Waldkauzes morgens um kurz vor fünf hätte ich auch so nie mitbekommen.
Jetzt kommt allerdings ein Nachteil für alle Leute, die nicht wissen an welchem Ende sie einen Schraubendreher anfassen sollen (…für die gibts den Birdweather PUC, kostet bummelige ~250 Euro…): Bauen muß man sich das Ganze selbst, das Projekt ist gelinde gesagt noch ein wenig in der “Nerd-Phase”. Was heißt dass sich hier nur wenig von selbst installiert, es gibt nur ganz wenig macOS oder Windows. Es ist aber trotzdem keine Raketentechnik, wer irgendwann mal ein paar Befehle in eine Kommandozeile getippt hat, bekommt das hin. Und wenn nicht – kaputt machen kann man nix, ich brauchte auch einige Versuche bis es wie gewünscht lief.
Deshalb hier als Gedankenstütze für mich und als Hilfe für alle Interessierten eine kurze Beschreibung welche Hard- und Software man braucht und wie ich das alles zum Laufen gebracht habe:
Die von mir genutzte Hardware, alles Amazon Affiliate-Links:
- Raspberry Pi 4, 4GB
- Netzteil dazu
- Gehäuse
- microSD-Karte
- Standmikrofon Klim Talk
- Einen Desktop-PC mit Internetanschluß und SD-Kartenleser. Ein Handy oder Tablet funktioniert zum installieren nicht, zum späteren anschauen der Ergebnisse kann man sie aber nutzen.
Die Möglichen Raspi-Versionen sind Raspberry Pi 4B, Raspberry Pi 400, Raspberry Pi 3B+ und Raspberry Pi 0W2. Wobei bei den beiden letztgenannten wegen der geringeren Ressourcen die Installation etwas anderes verläuft, auch das wird beim weiter unten genannten Link gut beschrieben.
Von mir genutzte Software:
- Raspberry Pi Imager, ein Programm zum Downloaden und schreiben des Betriebssystems (siehe nächste Zeile) auf die microSD-Karte. Gibts für Windows, macOS und Linux.
- Raspberry Pi OS (Legacy) Lite, die ältere Version namens “Bullseye”, sie wird in dem Imager als “Raspberry Pi OS (Legacy, 64-bit) Lite” angezeigt. Die neuere Version “Bookworm” funktionierte bei mir aktuell (14.07.2024) nicht!
- Das aktuelle Installationsskript aus der unten beschriebenen Installationsanleitung:
Das Team um den Autor von Birdnet-Pi erklärt hier unter “Installation Guide” (https://github.com/mcguirepr89/BirdNET-Pi/wiki/) sehr detailliert die schrittweise Installation vom Betriebssystem und der eigentlichen Software Birdnet-Pi auf einem Raspi 4 mit 4 GB Arbeitsspeicher. Dabei muß man unbedingt beachten daß die Betriebssysteme für den Raspi weiterentwickelt werden, deshalb sollte man unbedingt darauf achten daß man das richtige im Imager auswählt. Außerdem muß man natürlich die Daten seines eigenen WiFi-Netzwerkes angeben, sonst kann der Raspi nicht im lokalen Netzwerk erreicht werden.
Noch ein paar nützliche Links zu dem Thema:
https://birdnet.cornell.edu/
https://www.tu-chemnitz.de/informatik/mi/birdnet.php
https://lookslikematrix.de/tools/2023/06/18/birdNET-Pi.html
https://blog.berrybase.de/bird-net-pi-vogelstimmenklassifizierung-diy-rpi/
https://community.hiveeyes.org/t/birdnet-pi-24-7-monitoring-system-fur-sing-vogel/5252
Oh, DAS ist cool! Ich hab glaub ich im Keller noch einen Raspi frei…